Editorial Günther Härter
Liebe Bergfreunde, die Welt der Berge ist großartig, facettenreich, voller spannender Momente. All das möchten wir I...
ES IST DER 18. OKTOBER 1983 – sieben Tage bleiben noch, dann läuft unser Permit aus und wir müssen das Basislager räumen. 48 Stunden später spuren wir abwechselnd das weite, langgezogene Schmetterlingstal hinauf zur 800 m hohen Eisflanke die vom Ende des Schmetterlingstales zum Gipfelplateu leitet. Nur mit dem Notwendigsten für vier Tage ausgerüstet wollen wir am Fuß der Flanke unser Lager 3 errichten und von dort die steile Flanke angehen. Immer wieder suchen wir die 800 Meter über uns nach schwierigen Passagen ab.
Die Verhältnisse sehen brauchbar aus, stellenweise schimmert Blankeis herunter – die Neigung schätzen wir maximal auf 45°.
Jeder ist sich bewußt, dass wir dort morgen seilfrei hinauf- und wieder seilfrei abklettern müssen. Sichern würde viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Im Nachmittagslicht bauen wir unsere Zelte auf – sie stehen jetzt auf 6600 m Höhe und wir bereiten uns auf die kommenden Etappen vor.
Am Morgen des nächsten Tages steigen wir in die Flanke ein – die Ausgesetztheit lässt uns die große Höhe noch intensiver spüren. Die letzten Meter wird die Flanke noch einmal steiler, aber kurz darauf stehen wir auf der Kante des Plateaus. Wir finden eine breite, mit Schnee fast vollgewehte Spalte, in deren Schutz wir unser Lager 4 aufbauen können…
Eindrucksvoll schildert Reinhold Messner in einem seiner Bücher die Expedition an der Südwand.
Wie war das damals bei Deiner Erstbegehung am Manaslu?
DER STURM am ausgesetzten Gipfelgrat ist orkanartig. Die Höhe fordert nochmal alles bis wir den Gipfelgrat erreichen. Nachdem es mittlerweile drei Uhr Nachmittags ist beginnen wir mit dem Abstieg und steigen in einer beeindruckenden Abendstimmung zum Lager 4 auf 7400 Meter ab. Klar und deutlich sehen wir das erste Plateau unter uns liegen. Hier muß sich die Tragödie nach Reinhold Messners Gipfelgang 1972 abgespielt haben.
Wer hier in einem Schneesturm überlebt, hat Glück und vor allem einen eisernen Willen.
Günther Härter im Interview mit Reinhold Messner im August 2017 auf Schloss Sigmundskron in Südtirol
NACHDEM WIR TAGE VORHER, wegen starker Höhenstürme und des Verlustes eines Großteils unserer Ausrüstung am Südgrat gescheitert waren, erreichen wir jetzt nach dem Gipfel unser Lager 4 müde aber wohlbehalten.
Die Zelte sind zum Teil zerfetzt und wir müssen sie notdürftig reparieren. Die Nacht wird unangenehm und am frühen Morgen zereißt ein Zelt ganz. Das heißt sofortiger Aufbruch und den Abstieg über die steile Flanke zu beginnen. Nur jetzt keine Unachtsamkeit! Im Schmetterlingstal können wir dann wieder „stolpern“.
ÄUSSERST KONZENTRIERT und vorsichtig steigen wir ab…
In Lager 2 treffen wir auf Uwe und Fuzzy, die uns mit Getränken versorgen. Nach einer Pause schleppen wir uns noch bis Lager 1, das heute Nacht unser Zuhause sein wird.
Wie auf einem Adlerhorst steht das Lager auf einem Felsgrat, der aus der Wand herausragt und den Gipfel des 500 Meter hohen Südwandpfeilers darstellt. Lange noch unterhalten wir uns an diesem Abend und fallen schließlich glücklich in einen zufriedenen, tiefen Schlaf.
Von links: Herbert Streibel im Aufstieg durch die Flanke zum Lager 4. Günther Härter in Lager 1, dem Pfeilerlager auf 5200 m und beim Abstieg zu Lager 3. Im Hintergrund der Grat zum 8163 m hohen Gipfel des Manaslu.
Der Manaslu [8163 m] im Gurkha Himal, siebthöchster Berg der Erde, wurde am 22. Oktober 1983 von † Ang Dorje [Sirdar], Nima Rita, Günther Härter, Hubert Wehrs, Herbert Streibel und Herrmann Tauber zum 17. Mal bestiegen.
Expeditionsteilnehmer: Andreas Adler, Peter Geyer, Günther Härter [Leitung], Franz Kellner, Peter Popall, † Uwe Schelhas, † Franz Seeberger, Herbert Streibel, Herrmann Tauber und Hubert Wehrs.
Expeditionsdauer: vom 27.August. bis 4. November 1983 [zehn Wochen, davon fünf am Berg].
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